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Der Weg des Wassers auf der Kläranlage Dagersheim - Darmsheim

Zur Reinigung der Gewässer, die in der Kläranlage ankommen werden unterschiedliche Verfahren eingesetzt. Zunächst gibt es eine mechanische Reinigung, in der maschinell und durch physikalische Verfahren der Grobschmutz entfernt wird. In einem zweiten Schritt durchläuft das Wasser eine biologische Reinigung, während der das Wasser durch Bakterien und biologische Vorgänge weiter gereinigt wird. Bei der chemischen Reinigung im dritten Schritt können durch dosierte Zugabe von Eisensalz die im Wasser gelösten Phosphate ausgefiltert werden.

1. Reinigungsstufe: Mechanische Reinigung

Rechen | Sand- & Fettfang | Vorklärbecken

Das Schneckenpumpwerk

Das Schneckenhebewerk dient dazu, das Abwasser anzuheben, damit es über das natürliche Gefälle durch die Anlage fließen kann.

Das Zulaufpumpwerk besteht aus:

Grundlastschnecke: 1x 40 l/s

Spitzenlastschnecke: 2x 80 l/s

Um die maximale Zulaufmenge von 120 l/s nicht zu überschreiten, läuft immer nur eine Spitzenlastschnecke und wenn nötig in Kombination mit der Grundlastschnecke.


Der Rechen

Der Rechen ist die erste Reinigungsstufe des Abwassers, dass durch die Kanalisation ins Klärwerk fließt. Hier werden alle Schmutzstoffen die größer als 3 mm sind (Toilettenpapier, Hygiene-Artikel, Essensreste,…) zurückgehalten, da sie im weiteren Verlauf der Kläranlage zu Betriebsstörungen (Verstopfungen) führen können.

Rechentyp: Mitstromrechen
Rechenart: Feinrechen mit einem Stababstand von 3 mm.

Die Rechenanlage besteht aus einem Mitstromrechen. Das angefallene Rechengut wird gewaschen (Rechengutwaschpresse), gepresst (entwässert) und in einen Container gefüllt.

Rechengut ist ein hygienisch problematischer Abfall, der in Deutschland nicht deponiert werden darf. In einem Jahr fallen ca. 14 Tonnen Rechengut an, die im Restmüllheizkraftwerk Böblingen verbrannt werden. Dies entspricht einem täglichen Rechengutanfall von durchschnittlich 38 kg oder rund 4 g je Einwohner.


Der Sand- & Fettfang

In diesem Becken wird die Fließgeschwindigkeit des Wassers reduziert, damit der Sand zum Boden absinken und sich absetzen kann. Er würde im weiteren Verlauf der Kläranlage, besonders in den Schlammpumpen, einen starken Verschleiß verursachen. Durch Belüftung des Sanfanges  wird verhindert, dass sich auch leichtere organische Partikel absetzen.

In der beruhigten Zone des Beckens können Fette, Öle und weitere Schwimmstoffe an die Oberfläche des Wassers gelangen und abgezogen werden. Das Fett muss aus dem Abwasser entfernt werden, um Ablagerungen in Rohrleitungen zu verhindern, die zu Verstopfungen führen können.

Beckenvolumen: 80 m3
Tiefste Stelle im Becken: 5,00 m
Aufenthaltszeit bei Trockenwetter: 78 Minuten
Aufenthaltszeit bei Regenwetter: 12 Minuten

In einem Jahr fallen ca. 5 Tonnen Sand an. Dies entspricht einem durchschnittlichen Sandanfall von täglich 14 kg.


Die Vorklärung

Im Vorklärbecken setzen sich nun die leichteren organischen Partikel (z. B. Fäkalien), die mit dem Abwasser ankommen und etwa 1/3 der Gesamtverschmutzung bei Hausabwässern ausmachen, an der Beckensole ab. Die entstehende Masse wird als "Primärschlamm" bezeichnet.

Dabei wird das Gesetz der Schwerkraft ausgenutzt, nach dem Stoffe, die schwerer sind als Wasser, nach unten sinken (sedimentieren). Durch verringern der Fließgeschwindigkeit wird der Absetzprozess unterstützt.

Beckenvolumen: 290 m3
Oberfläche: 140 m2
Mittlere Tiefe: 3 m
Tiefste Stelle im Becken: 7 m
Aufenthaltszeit bei Trockenwetter: 5 Stunden
Aufenthaltszeit bei Regenwetter: 45 Minuten

Die Stoffe, die sich durch den Absetzprozess an der Beckensohle absetzen, werden Primärschlamm oder Rohschlamm genannt. Dieser wird mit Hilfe der Räumer in den Trichter geschoben. Von dort wird er in die Voreindicker (Sammelbehälter) gepumpt. Im Durchschnitt fallen täglich ca. 15 - 20 m3 eingedickter Primärschlamm an, mit einem Wassergehalt von ca. 92,5%. Dies entspricht einem Primärschlammanfall pro Tag und Einwohner von ca. 550 ml.

2. Reinigungsstufe: Biologische Reinigung

Biologische Phosphatelimination | Nitrifikation | Denitrifikation | Nachklärung

Die Stickstoffelimination

In der Denitrifikation (DN) wird das in der Belebung entstandene Nitrat (NO3) abgebaut. Nitrate (NO3) wirken im Gewässer als Dünger und werden deshalb in einer separaten Reinigungsstufe durch Bakterien (Denitrifikanten) eliminiert (lat. eliminare – entfernen). In einem unbelüfteten (anoxischen) Becken bekommen die Bakterien keinen Sauerstoff mehr. Sie sind daher beim Abbau von Kohlenstoffverbindungen (z. B. Methanol) gezwungen, das Nitrat (NO3) aufzunehmen, zu spalten und den darin enthaltenen Sauerstoff (O2) zu veratmen. Den Stickstoff (N2) geben sie als Gas ab, der in die Atmosphäre entweicht. Diesen Bio-Chemischen Vorgang nennt man Denitrifikation.


Die Nitrifikation

In der Belebung werden zum einen Kohlenstoffe (Kohlenhydrat, Fett, Eiweiß) abgebaut und zum anderen Stickstoffverbindungen (Ammonium) umgewandelt (oxidiert).

Das Abwasser aus der vorgeschalteten Denitrifikation wird, mittels zweier Drehkolbengebläse und Belüfterplatten auf der Beckensole, mit Sauerstoff angereichert. Durch die Versorgung der Mikroorganismen mit Sauerstoff werden zum einen weitere Kohlenstoffe abgebaut, und zum anderen Ammonium (NH4) über Nitrit (NO2) zu Nitrat (NO3) umgewandelt (oxidiert).

Das dabei entstandene nitrathaltige Wasser wird zum Teil über zwei Rezirkulationspumen wieder der Denitrifikation zugeführt.

Beckenvolumen: 1650 m3
2 x 500 m3 = 1000 m3 (Nitrifikationsanlage)
Oberfläche: 2 x 100 m2 = 200 m2

2 x 325 m3 = 650 m3 (Denitrifikationsanlage und biologische Phosphorelimination)
Oberfläche: 2 x 100 m2 = 200 m2

Tiefste Stelle im Becken: 5,50 m
Aufenthaltszeit bei Trockenwetter: 27 Stunden
Aufenthaltszeit bei Regenwetter: 4,25 Stunden

Gebläse:
1 x 900 Nm3/h (BB2)
2 x 1.100 Nm³/h (BB3+4)

Rezirkulationspumpwerk: 2 Zweistufige Pumpen mit je 45 bzw. 70 l/s je nach Stufe

3. Reinigungsstufe: Nährstoffelimination

Phosphatelimination

Die Phosphatfällung

Die im Abwasser gelösten Phosphate (Orthophosphat) müssen ausgefällt werden.

Die Phosphatfällung ist eine physikalisch-chemische Reaktion, bei der die Phosphate mit Aluminium-Eisen-Chlorid-Lösung ausgefällt werden. Bei der Einleitung des Eisensalzes bilden sich positiv geladene Metallionen, die mit den negativen Phosphationen reagieren. Das entstehende schwer lösliche Metallphosphat wird bei den im Abwasser vorliegenden pH-Werten (zwischen 6,5 und 8) in Form feiner Flocken ausgefällt.

Dosieranlagen:  25 m3 Fassungsvermögen
Verwendetes Fällmittel: Aluminium-Eisen-Chlorid-Lösung
Durchschnittlicher Tagesverbrauch an Fällmittel: ca. 270 - 900 l/Tag

Beim Ausfällen der Phosporverbindungen mit Eisen(III)Chloridsulfat entstehen feine Flocken, die sich im Falle der Simultanfällung in den Nachklärbecken absetzen, oder bei der Nachfällung im Filterbett der Flockungsfiltration zurück gehalten werden.


Die Nachklärung

In den Absetzbecken wird der Belebtschlamm, der Schlamm aus der Denitrifikation und die schwer löslichen Aluminium-Eisenphosphatflocken, die bei der chemischen Phosphatelimination entstehen, ausgeschieden.

Es wird das Gesetz der Schwerkraft ausgenutzt, nach dem Stoffe die schwerer als Wasser sind nach unten sinken (sedimentieren). Durch das große Volumen der Becken wird die Fließgeschwindigkeit verringert und so der Absetzprozess unterstützt.

Beckenvolumen: 1960 m3
2 x 335 m3 = 670 m3
2 x 645 m3 = 1290 m3

Oberfläche:
2 x 140 m2 = 280 m2
2 x 165 m2 = 330 m2

Tiefste Stelle im Becken: 6 m
Aufenthaltszeit bei Trockenwetter: 17,5 Stunden
Aufenthaltszeit bei Regenwetter: 5,5 Stunden

Überschussschlamm: täglich ca. 50 - 80 m3

Der Sandfilter

Das Ziel ist die Zurückhaltung feinster Flocken, die sich in der der Nachklärung nicht absetzen. Das Wasser aus der Nachklärung durchströmt die 4 Filterkammern von oben nach unten. Dadurch bleiben feine Schlammflocken, die in der Nachklärung nicht zurückgehalten werden konnten, in den Filterschichten hängen. Die Belastung der Schwippe wird durch die zurückgehaltenen Schlammflocken mit dem daran gebundenen Phosphor stark vermindert.

Die Masse der zurückgehaltenen Flocken beträgt durchschnittlich ca. 600 kg pro Tag. Darin sind etwa 3,5 % Phosphor enthalten, dies entspricht ca. 21 kg Phosphor pro Tag, der nicht in die Schwippe gelangt.

Der optische Eindruck der Flockungsfiltration zeigt sich, für jeden erkennbar, in der Klarheit des abfließenden Wassers. Die Kammern werden gespült um eine dauerhaft gute Reinigungsleistung zu erzielen. Dabei werden die Filterschichten mit Luft aufgelockert um anschließend mit Wasser die zurückgehaltenen Flocken aus der Filterkammer heraus zu spülen. Das dabei anfallende Spülwasser (Schmutzwasser) wird in den Kläranlagenzulauf zurück gepumpt.

Zusätzlich verhindert die Filtration ein zu schnelles Verschmutzen der nachgeschalteten Spurenstoffentfernung. Dadurch werden die Rückspülzyklen der einzelnen Adsorptionsbehälter verlängert.

Sandfilteranlage: 4 Filterkammern mit einer Filterfläche von je 10 m2


4. Reinigungsstufe: Mikroschadstoffe

Aktivekohleadsorption | Sandfilter

z.B: Medikamente, Hormone, Röntgenkontrastmittel, Konservierungsstoffe, Pestizide,...

Die Aktivkohleadsorption

Die Aktivkohlebehandlung dient unter anderem der Entfernung von Arzneimittelrückständen und hormonwirksamen Stoffen. Diese gelangen durch die unsachgemäße Entsorgung von Arzneimitteln über die Sanitären Einrichtungen in den Haushalten und vor allem durch die menschlichen Ausscheidungen in das Abwasser.

Die Aktivkohlebehandlung besteht aus vier Behältern und mehreren Pumpen.

Die Behälter sind jeweils mit einer granulierten Aktivkohle (GAK) befüllt. Durch dieses Festbett aus GAK fließt nun das Wasser aus der Sandfiltration, wobei sich die Arzneimittelrückstände und hormonwirksamen Stoffe an die Aktivkohle anlagern und so aus dem Abwasser entfernt werden. Die verbauten Pumpen dienen zum einen zur beschickung der GAK-Behälter aber auch zur Spülung.

Behälter: 4 x 24 m³ mit einer Grundfläche von je 5 m²

Aktivkohle: 15 m³ je Behälter

Pumpen:

  • 1x Beschickung mit 20 l/s
  • 1x Beschickung mit 50 l/s
  • 1x Spülwasser mit 50 L/s

 

 

Die beladene Aktivkohle wird vom Hersteller zurückgenommen, aufbereitet und mit frischer Kohle vermischt wieder eingesetzt.

Die Aufbereitung der "verbrauchten" Aktivkohle geschieht durch das ausglühen der Kohle, wobei ein Teil der Kohle verloren geht.


Reinigungsvolumen

Auf der Anlage werden täglich bei Trockenwetter ca. 1500 m3 (1.500.000 l) Abwasser behandelt und gereinigt. Bei Regenwetter können täglich bis zu ca. 9500 m3 (9.500.000 l) Abwasser gereinigt werden.